Übersetzt von andiewaisendesexistierenden, am 9. April 2011.
Es gibt keine Naturkatastrophen
Tausende und Abertausende von Toten und Vermissten, Millionen von Leuten, die praktisch alles verloren haben. Ganze Städte hinfortgefegt. Als ob Japan nicht von einem Erdbeben, sondern von Atombomben getroffen wurde. Als ob die Häuser nicht von einem Tsunami, sondern von einem Krieg verwüstet wurden.
Und im Grunde ist dies auch der Fall. Nur, dass die Feinde, die so hart zuschlagen, nicht die Erde oder das Meer sind. Es sind nicht die Rachemittel einer Natur, die wir als feindlich zu betrachten gewohnt sind.
Der Krieg, der nun schon seit Jahrhunderten in Gange ist, verläuft nicht zwischen der Menschheit und der natürlichen Umwelt, wie uns viele gerne glauben machen würden, um sich unsere Disziplin zu sichern.
Wir selbst sind unser Feind. Wir sind der Krieg. Die Menschheit ist der Krieg.
Die Natur ist bloss sein Schlachtfeld. Wir haben die Überschwemmungen verursacht, indem wir mit unserer industriellen Tätigkeit das Klima veränderten. Wir haben die Dämme der Flüsse durchbrochen, indem wir ihre Betten zementierten und ihre Ufer entwaldeten. Wir haben die Brücken einstürzen lassen, indem wir sie mit billigem Material erbauten, um mehr Aufträge zu erhalten. Wir haben ganze Ortschaften vom Boden weggefegt, indem wir Häuser in Gefahrenzonen errichteten. Wir haben die Schakale herangezogen, indem wir bei jeder Gelegenheit auf den Profit abzielten. Wir haben den Planeten verseucht, indem wir Atomkraftwerke bauten. Wir haben es unterlassen, Vorkehrungen gegen solche Ereignisse zu treffen, da unsere einzigen Sorgen die Eröffnung von neuen Einkaufszentren. neuen Eisenbahn- und Metrolinien und neuen Stadien sind. Wir haben es zugelassen, dass all dies geschieht und wieder geschieht, indem wir die Entscheidungen, die doch unser Leben betreffen, an andere delegierten.
Und jetzt, nachdem wir die Welt verwüstet haben, um uns schneller fortzubewegen, um schneller zu essen, um schneller zu arbeiten, um schneller Geld zu verdienen, um schneller Fernseh zu schauen, um schneller zu leben, wagen wir es, uns darüber zu beklagen, wenn wir feststellen, dass wir auch schneller sterben?
Es gibt keine Naturkatastrophen, es gibt nur soziale Katastrophen.
Wenn wir nicht weiterhin Opfer von plötzlichen Erdbeben, aussergewöhnlichen Überschwemmungen, unbekannten Viren oder anderen Dingen bleiben wollen, bleibt uns nichts anderes übrig, als gegen unseren wirklichen Feind vorzugehen: unsere Lebensweise, unsere Werte, unsere Gewohnheiten, unsere Kultur, unsere Gleichgültigkeit.
Nicht der Natur müssen wir dringend den Krieg erklären, sondern dieser Gesellschaft und all ihren Institutionen.
Wenn wir nicht fähig sind, ein anderes Leben zu erfinden und für dessen Realisierung zu kämpfen, dann bereiten wir uns darauf vor, in jenem zu sterben, das andere für uns bestimmt und uns aufgezwungen haben. Um in Stille zu sterben, sowie wir immer in Stille gelebt haben.